Linda Hnatovič
Malerei
Malerei
BIOGRAFIE
1984 in Wien geborene Artistin mit slowakischen Wurzeln experimentierte als Jugendliche mit Pigmenten, Öl- und Akryl Farben.
Sie studierte zuerst Philosophie und schloss 2011 ihr Studium „Multimedia“ mit Schwerpunkt Bildhauerei bei Dr. Art. Erwin Wurm, an der Universität für angewandte Kunst in Wien ab.
2011 erhielt sie mit der künstlerischen Arbeit „Orient Express“ ihren Abschluss mit Mag. Art.
Anschließend zog Linda Hnatovic in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo ihre Reise um die Welt begann. 2020 kehrte sie wieder in ihre Heimatstadt Wien zurück.
Der Schwerpunkt ihrer Arbeiten liegt zurzeit bei Portraits und opulenten, sowie überdimensionalen Stillleben.
AUSSTELLUNGEN
EINZEL- UND GRUPPENAUSSTELLUNGEN in der kleinen galerie:
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Linda Hnatovic – Stilles lautes Leben
Ein Früchtestillleben: auf besonderem Tuch opulent arrangiertes Obst, kräftige Farben, lebendiges Licht – Schattenspiel. Ein leiser Anklang von Fede Galizias Pfirsichen und Jasminblüten. Vor dem oft kräftig blauen oder türkisen Hintergrund heben sich pralle Früchte ab. Zum Greifen nahe sind Birnen, Trauben und Datteln, geschmückt mit zierlichen Zweigen und duftigen Blüten. „Stillleben“ bezeichnet in der Geschichte der europäischen Kunsttradition die Darstellung toter Tiere oder regloser Gegenstände wie beispielsweise Blumen, Früchte, Gläser und Instrumente. Ihre Auswahl und Anordnung erfolgte meist nach symbolischen und ästhetischen Aspekten. Linda Hnatovic setzt hier einen Kontrapunkt: Ihre Bildkompositionen verwandeln stilles in lautes Leben. Bunt und begehrlich sind Früchte und Farben, ihre Arrangements verlocken: Greif zu, gönn Dir die üppige Lebendigkeit! Genauso wie Schneewittchen dem herrlichsten roten Apfel nicht widersteht, so kann sich auch der/die Betrachtende der Magie bonbonbunter Birnen und Feigen nicht entziehen. Nicht ungefährlich, wie man weiß. Wer sich den Verführungen des Lebens hingibt, riskiert auch immer, sich selbst zu verlieren. Im Falle von Hnatovics Stillleben geschieht dies mit einem Augenzwinkern. Der oder die sich gewahr Werdende erkennt sich bestenfalls selbst und zwinkert zurück. Linda Hnatovics Verführung ist stets charmant: ihre Stillleben und Portraits spielen mit Ästhetik und Schönheit: saftige Früchte, entrückte Lolitas, sich selbst Begehrende, sinnlich Versunkene; sie alle erzählen auch über die Abgründe des Menschseins. Durch sie blickt man, durch makellose Schönheit hindurch, auf das Unvollkommene; auf das scheinbar Fehlende, von dem man glaubt, man könnte es durch Konsum auffüllen. Die in den Stillleben angedeutete Inszenierung von Produkten und Lebensstilen ist ein zentrales Merkmal des ästhetischen Kapitalismus. Dieser hat ewiges Wachstum zur Existenzgrundlage und ist darauf angewiesen, immer mehr, immer neues Begehren zu produzieren.
Zwischen narzisstischer Selbstbespiegelung und Verführung leuchtet das Echte: Feinfühlig gezeichnete Vögel, tänzerisch spielerische Blumen-Akte, zu Papier gebrachte, flüchtige Momente, die von zarten Begegnungen erzählen, uns am Grund unseres Seins berühren. So wie auch jenes Portrait eines jungen Mannes, den Betrachtenden mit wachen Augen und leicht geöffneten Lippen zugewandt. Barock und heutig ist die Zeichnung. Man schaut seine Züge, nicht ohne gleichzeitig auch Vermeers Mädchen mit den Perlenohrringen zu sehen. Diesmal ist es der weibliche Blick, durch den man auf einen jungen Mann vor ultramarin blauem Hintergrund blickt. Auch Vermeer benutzte auffällig viel Ultramarin, ein Farbstoff, der im 17. Jahrhundert kostbarer war als Gold. Auch hier offenbart sich erst im Kippmoment des Sich-Sattsehens die erotische Verlockung. Leicht könnte man ihr verfallen und fiele dabei weich; hinein in die Sehnsuch(t)e nach dem Wahrhaftigen. Nach dem Schönen, das uns ohne das Gute und Wahre leer zurücklässt.
Diese Leerstellen zu füllen, gelingt Hnatovic auf beeindruckende Weise: mit raffiniertem Licht -Schattenspiel, mit farblicher Intensität und feinfühliger Strichführung. Ihr besonderes künstlerisches Gespür beweist sie auch durch ihre Neu -Interpretation von barocker und postimpressionistischer Malkunst, durch den Anklang des Digitalen in ihren Anordnungen von Farben und Formen. Durch eine besondere Bildästhetik hebt sie sinnliches Erfahren auf eine neue Ebene: In der Verlangsamung des Sehens und durch die Konfrontation mit Vergangenem in neuer Bearbeitung, schaffen Linda Hnatovics Stillleben und Portraits Räume, in denen die Dinge auf neue, uns unvertraute Weisen sichtbar werden. Der/die Betrachtende wird dazu aufgefordert, durch die sinnliche Erfahrung von Farbpigmenten, Strichen und Schattierungen den Schein der Dinge zu durchblicken und sich selbst in seiner menschlichen Wesenheit näher zu kommen. „Mein Zweck ist es, Menschen INNEN nach DRAUSSEN zu bringen, durch meine Kunst“, so die Künstlerin selbst. Linda Hnatovic gelingt noch mehr: ihre Bilder sind Einladungen, Menschen von innen nach draußen, von draußen nach innen und über sich hinaus zu bringen.
Barbara Mithlinger