Johannes Haider
Malerei
Malerei
BIOGRAFIE
Johannes Haider (21. Oktober 1954 – 24. September 2014)
In Eisenstadt geboren Johannes Haider besuchte die Hochschule für angewandte Kunst in Wien (Wilhelm Cermak, Bazon Brock und Peter Weibel) und schloss diese mit Mag.art. ab. Die Vielseitigkeit Johannes Haiders zeigt sich an seiner Mitarbeit in Verlagen (Beratung und Layout) und an Gebrauchsgraphik für Theater, Bühne, Musik, etc.. Seit den Jahr 1993 arbeitete er mit Künstlern und Autoren auf nationaler und internationaler Ebene und deren internationaler Vertretung zusammen.
Johannes Haider gründete die „NN-fabrik“, welche von 1993 bis 2000 in Siegendorf zu finden war. „NN“ ist die Abkürzung des Lateinischen „nomen nescio“, übersetzt „noch nicht bekannter Name“. Im Jahr 2000 findet ein Neubau und die Übersiedlung der „NN-fabrik“ nach Oslip (Burgenland) statt. Johannes Haider realisierte im Skulpturengarten der „NN-fabrik“ das Projekt „DAS WORT STEHT IN DER WIESE“.
Ein weiteres interessantes Werk von Johannes Haider ist in Schwaz in Tirol Wirklichkeit geworden, „DAS WORT STEHT AUF DEM BERG“.
Neben zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland (Estland, Deutschland, Italien, USA, Brasilien, Slowenien, Frankreich, Ungarn, Slowakei, Schweiz und Österreich), erhielt Johannes Haider auch verschiedenste Preise und Anerkennungen.
Am 24. September 2014 starb Johannes Haider überraschend in Oslip.
PREISE UND AUSSTELLUNGEN
PREISE UND AUSZEICHNUNGEN: (Auswahl)
1995/96 – Staatspreis für den besten Wirtschaftsfilm, gemeinsam mit Koloman Watzek für den Film „Genesis einer Kunstfabrik“
1998 – Maecenas-Preis für „Walter Koschatzky-Preis“ zur Verwirklichung einer ganzheitlichen Buchidee mit der Lenz Moser AG
2003 Kunst am Bau
Erster Preis beim offenen, anonymen künstlerischen Wettbewerb für die Gestaltung des Kreisverkehres Leinnerkreuzung B50/B52 in Eisenstadt wurde 2003 realisiert
EINZEL- UND GRUPPENAUSSTELLUNGEN in der kleinen galerie:
22. November bis 20. Dezember 2017
JAHRESAUSSTELLUNG 2017
07. Juni bis 05. Juli 2017
Arbeiten auf Papier
23. November bis 21. Dezember 2016
JAHRESAUSSTELLUNG 2016
15. Juni bis 08. Juli 2016
Moderne Druckgrafik aus Österreich
20. Jänner bis 18. Februar 2016
Hommage an Johannes Haider
21. Jänner bis 12. Februar 2015
Ein Wiedersehen mit Johannes Haider
25. November bis 23. Dezember 2015
JAHRESAUSSTELLUNG 2015
26. November bis 23. Dezember 2014
JAHRESAUSSTELLUNG 2014
11. Juni bis 10. Juli 2014
Arbeiten auf Papier
26. Februar bis 03. April 2014
Gras
20. Februar bis 21. März 2013
Utopien & Passionen
15. Februar bis 15. März 2012
Künstlerland Burgenland: Josef Bernhardt | Johannes Haider | Marina Horvath | Wolfgang Horwath
1. Juni bis 8. Juli 2011
Ein Streifzug durch die Druckgrafik
Max Beckmann, Otto Dix, Thomas Duttenhoefer, Günter Grass, George Grosz, Karl Hofer, Johannes Hüppi, Horst Janssen, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Andreas Noßmann, Max Pechstein, Jürgen Schlotter u.a. (Deutschland); Wolfgang Buchta, Adolf Frohner, Johannes Haider, Christoph Kiefhaber, Alfred Kubin, Henriette Leinfellner, Kurt Philipp, Veronika Steiner, Herwig Zens u.a. (Österreich) – Malerei, Zeichnung, Druckgrafik
19. Januar bis 17. Februar 2011
Poiesis in Kupfer: Malerei | Zeichnung | Druckgraphik
19. November 2009 bis 09. Januar 2010
JAHRESAUSSTELLUNG 2009
MEHR
Horizontale rote Farbstreifen in unterschiedlicher Intensität, davor zwei auseinanderlaufende schwar¬ze Balken, halbhoch umgeben von schwarzen geschwungenen Linien.
Das ist die nüchterne Beschreibung, die Wahrnehmung des flüchtigen Betrachters. Lässt man sich auf diese Striche ein, sieht man, was Johannes Haider „der Wald steht an der Lichtung“ (236) nennt. Ich schaue zwischen den beiden, sich voneinander wegbewegenden Bäumen hindurch, durch die hohen Gräser, in eine weite Ebene. Der Horizont wird begrenzt durch zwei rote horizontale Balken, vielleicht der Wald, der die Lichtung umfängt. Für mich liegt diese Landschaft im Licht eines Sonnen¬unter¬¬ganges.
Der Künstler Johannes Haider wurde 1954 in Eisenstadt geboren. Er lebt heute in Oslip, im österreichischen Burgenland, auf einem sehr großen Grundstück, inmitten von Wiesen und wilden Rosen. Dazwischen stehen Skulpturen, seine eigenen und die von anderen Künstlern. Der Rasenmäher fährt Wege in das hohe Gras, damit man entdecken kann, was es zu finden gibt. Auf die Frage, wie sehr ihn die Weite der Landschaft bei der Gestaltung seiner Kunstwerke prägt, antwortet er schlicht: „Ich kann mich ihr nicht entziehen.“
Kein Wunder also, dass Johannes Haider immer wieder mit Gräsern in Verbindung gebracht wird. In seinen Radierungen, Zeichnungen und sogar in den Ölbildern finden sich rhythmisch geschwungene Strichfolgen. Wenn diese mit Farbstiften ausgeführt sind, erinnern sie an sich leicht im Wind wiegendes Gras. Für ihn sind diese Arbeiten Zeichen- und Konzentrationsübungen und haben nichts mit Leichtigkeit zu tun. Im Gegenteil. Johannes Haider geht bei der Arbeit eine enge Verbindung mit dem Material ein. Er will Widerstand spüren, wenn er mit Kraft und dank seiner Körpergröße Kupferplatten von 200 x 100 cm bearbeitet. Dann kann es auch schon passieren, dass er das Material verletzt und für den späteren Druckvorgang wieder glätten muss. Radierungen von dieser Größe sind ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist auch, dass der Künstler mit einer nahezu monochromen Farbigkeit und nur über den Weg der unterschiedlichen Arten der Radierung und Ätzung eine beinahe sogartige räumliche Tiefe erzielt.
Er hört bei der Arbeit Musik, setzt Strich neben Strich in die Kupferplatte. Durch Vorhänge von kurzen, rhythmischen Strichfolgen schaut man auf dem bedruckten Büttenpapier auf sich auflösende, wirbelnde Farbströme. Farbveränderungen werden in diesen Flächen durch die Dichte und Tiefe der nebeneinandergesetzten Striche erreicht. Während die stetige Folge der Striche eine fast meditative Monotonie vermittelt, spürt man Kraft und Energie durch die großzügigen Flächenätzungen.
Der Künstler liebt dieses Spiel der Gegenüberstellung und arbeitet in seinen Bildern immer wieder damit, was man an Titeln wie „Mohn“ (155), „Korn“ (156) oder „Moonrise“ (166), „Sunrise“ (167) erkennt. Er scheint mit den Farben und Formen zu experimentieren, zu schauen, was dabei herauskommt, wenn der Mond durch eine Folge von langen, dünnen Strichen in kräftigem Blau untergeht. Was wird, wenn die Sonne in roten wirbelnden Kreisen von sich auflösenden, kleinen kurzen Strichen nach oben getragen wird. Durch dieses analysierende Schauen entstehen kleine Serien, die sich einem Thema widmen. Auch wenn die Titel einen fast lyrischen, philosophischen Klang haben, beschreibt das Motiv einen nüchternen, beinahe realistischen Zustand. Wenn „der Wasserfall in den See fällt“ (207), dann ergießt sich eben ein langer dünner Strichvorhang in einem tiefen, kräftigen Blau. Dass das nicht ohne Aufsehen und Spuren erfolgt, ist selbstverständlich und sieht man im Bild an der kräftigen Kaltnadelätzung, die sich mit der blauen Flächenätzung verbindet. Dagegen löst sich der Rauch, der aus einem Feuer aufsteigt (208), von der Erde, im Bild von einem schwarzroten Untergrund ab und steigt nach oben. Feuer ist rot, Wasser blau – eigentlich ganz einfach.
Johannes Haider wirkt im Umgang mit seiner Arbeit und den daraus entstehenden Kunstwerken nicht wie ein Wissender, sondern ein Forschender, der staunend entdeckt. Seine Beobachtungen und Erkenntnisse hält er mit den Mitteln der Kunst im Bild fest. Mich erstaunen sie durch ihre Einfachheit und Logik.
im Mai 2012
Dr. Bettina Broxtermann
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Johannes Haider (1954 – 2014)
Kompromisslosigkeit, der unbedingte Drang zum künstlerischen Tun prägen Johannes Haiders Radierungen, Mischtechniken und Ölbilder. Der Widerstand der Kupferplatte wird zur Metapher für die prinzipielle Suche nach Herausforderung.
Die Ölbilder verweisen auf die Materialität: immer wieder scheint die rohe Leinwand durch, wird Farbe lasierend oder dick pastos aufgetragen, frisst sich das Öl in die Leinwand.
Die das Atelier von Johannes Haiders umgebende Natur wie Gräser, Bäume, die „wilde Rose“ oder Heckenrosen und Reben sind Impulsgeber für die Motive, wobei es nicht ums Abbilden geht, sondern um das Abarbeiten auf der Leinwand und der Kupferplatte. Die Strukturen werden wesentlich: die Biegsamkeit und das Wuchernde, die Kahlheit und die Üppigkeit, Verletzungen, Hindernisse und die windige Weite.
Johannes Haider beherrschte alle Spielarten der Radiertechniken souverän, sei es die Technik der Strichätzung, Direktätzung, der Aquatinta oder der Kaltnadel. So gelang es ihm, zarte, duftige Flächen und kraftvoll-expressive Passagen zu gestalten.
Bei den wuchernden Ranken der wilden Rose spielt auch das Thema Verletzung durch deren Stacheln eine Rolle, andererseits aber auch wieder der Duft und die Schönheit der Blüten. Es gibt eine Analogie zur Arbeit mit der Kupferplatte, weil der durch die Kaltnadel aufgerissene Grat des Kupfers beim Arbeiten zu Verletzungen führen kann, natürlich auch die Säure, die zum Ätzen verwendet wird.
Im Zusammenhang mit dem Bearbeitungsprozess der Kupferplatten hat sich auch gemeinsam mit dem Drehorgelspieler Ralph Daeschler die Idee zur Performance „Metallgeschrei“ entwickelt. Das Bearbeiten erzeugt Geräusche, das Aufsetzen und Kratzen des Griffels am Metall, rhythmische Bewegungen beim Ziehen der nebeneinandergesetzten Striche, kreisende Gesten, das metallische Knallen der sich biegenden Kupferplatte, das Reiben an Gegenständen oder am Untergrund. Das skurrile Zusammenspiel eines traditionsbehafteten, volkstümlichen Instruments, betätigt von einem Drehorgelvirtuosen und dem avantgardistischen Aktionismus mit vollem Körpereinsatz – Verletzungsgefahr eingeschlossen – verhalf zu internationalen Auftritten, z.B. in Thun (S), Ulm und München (D), Schwaz in Tirol (Ö)
Später wurde die Platte im Atelier weitergestaltet und es sind daraus auch Drucke entstanden.
Johannes Haider arbeitete in einigen Serien auch in der Technik der „verlorenen Platte“ wie bei einem seiner Hauptwerke: Die zwölfteilige Radierung „die wilde Rose überzieht das Hügelland“ im Format 200 cm x 100 cm entstand auf drei Kupferplatten (aufgesplittet in Rot, Schwarz, Silber) in der Auflage von 12 + III , die den fortschreitenden Prozess der Bearbeitung dokumentieren und die einzelnen Zustände wiedergeben, die sich in den verschiedenen Bearbeitungsstadien durch die zunehmende Verdichtung der Linien zeigen.
Der Strich spielt bei Johannes Haider seit langem eine wichtige Rolle. Während früher sowohl in Zeichnungen als auch in der Druckgrafik kurze, parallel nebeneinandergesetzte Strichzeilen aneinandergefügt werden, die ganze Blätter geordnet füllen, nur durch die Lebendigkeit der Handschrift variiert, werden in den letzten Jahren die Striche ruppiger, wilder, auslandender, geraten zunehmend vom Meditativen zum Expressiven. Die vor 2000 breite Farbpalette reduziert sich in der Druckgrafik auf Schwarz, Rot, Blau.
Neben dem druckgrafischen Werk entstehen aber auch die „Gräser“, Zeichnungen in Mischtechnik, ebenfalls auf Büttenkarton gearbeitet, in denen vor allem Grüntöne dominieren, die von Blau, Rot, Gelb begleitet werden. Obwohl der optische Bildaufbau immer an der Unterkante des Bildträgers ansetzt und keine perspektivischen Verkürzungen und Verläufe vornimmt, es ein eindeutiges Oben und Unten gibt und somit eine simple Aufteilung der Fläche vorgenommen wird, entsteht innerhalb der gestalteten Buntstiftpartien Raum und Tiefe.
Johannes Haider setzt Farbstifte ein. Eine Ölspur, Linien in Ölfarbe und Grafitstift, der sich in die Grundierung gräbt, lassen erhabene Oberflächen entstehen. Sowohl durch den Aufbau der Farbe, als auch durch die verwendeten Materialien erhalten die Arbeiten Tiefe und Struktur.
Die Bildtitel haben etwas ähnlich Eigenwillig-Sperriges wie die Motive: Es handelt sich um einfache Aussagesätze, Subjekt – Prädikat – Ortsergänzung, manchmal noch ein zusätzliches Objekt. Die Präpositionen werden mit dem Artikel nicht zusammengezogen, keine Artikel wegen der Eleganz der Sprache weggelassen. Ein einfacher Sachverhalt wird konstatiert, der keine weiteren Assoziationen evoziert. Aus der Sicht der Sprechakttheorien nach Searle ein illokutionärer Akt des Assertiven. Der Sprecher stellt etwas als der Fall seiend dar. Es geht auch nicht um semantische Implikationen, sondern um die Grafik, das Malen an sich, die sich anhand gewisser Techniken, Gegenstände, geometrischen Aufteilungen abarbeitet.
Johannes Haider (* 21.10.1954 in Eisenstadt – + 24.9.2014) studierte an der Universität für Angewandte Kunst bei Bazon Brock und Peter Weibel, wo er auch lernte, konzeptuell zu denken und traditionelle Herangehensweisen zu hinterfragen. Dennoch stand bei ihm das Machen, das Ausloten des Materials und der Technik im Vordergrund und er ließ sich auf handwerkliche Herausforderungen ein. Gerade dieser Bereich wird zunehmend wieder mehr geschätzt. Richard Sennet hebt das auch in seinem Buch „Craft“ hervor.
Er gründete 1991 die NN-fabrik, mit großartigen technische Möglichkeiten z B. auch mit einer Radierpresse, die das Motivformat 100 x 200 cm drucken kann. Er war vom ehemaligen Leiter der Albertina und Experten für Druckgrafik, Walter Koschatzky, sehr geschätzt.
Johannes Haiders Arbeiten sind in privaten und öffentlichen Sammlungen vor allem in Österreich, Deutschland und der Schweiz vertreten.
Bund und Land in Österreich, Glockerstiftung Tirol, Stiftung Grafische Sammlung Lenhardt in Kaiserslautern (D), Grafische Sammlung Kunsthaus Grenchen (S), Grafische Sammlung Merckle, Blaubeuren (D), Manuspresse Stuttgart (D)
Mai 2024, Dr.in Eva Maltrovsky