Kurt Philipp
Malerei
Malerei
BIOGRAFIE
Kurt Philipp (11. Juli 1928 – 30. Juli 2021)
1936 – 1938: Straßenmalereien mit Farbkreide auf dem Boden der Muhrengasse vor dem Wohnhaus in Favoriten. Gesamtgröße der Malerei zirka 500 m². Bis zum nächsten Regen bestaunt, nachher verschwunden.
1943 – 1947: Schriftstellerische Tätigkeit.
1947 – 1957: Jazzmusiker neben dem erlernten Beruf als Chemigraph.
1956 – 1958: Künstlerische Volkshochschule (abstrakte Kunst, Keramik). Erstes erhaltenes Ölbild (New York) in der Favoritner Volkshochschule nach einer großen Ausstellung von Ölbildern und Monotypien.
1968: Serie der Monotypien in einer selbsterarbeiteten Technik.
1972 – 1975: Kunstgalerie in Wien mit Reproanstalt. Erste großformatige Zeichnungen, nach einigen Jahren auch Aquarelle und Gouachen. Zweimal Vernichtung von großen Teilen des malerischen Werkes, besonders der Frühwerke vor 1960 (Ölbilder, sämtliche Hinterglasmalereien und radierte Platten).
ab 1989 Intensive Kontakte mit C. Absolon und Vertrag für das malerische Werk in Öl mit einer namhaften Kunstgalerie. Beschäftigung mit der Thematik „Vincent lebt“. Entstehung von teils humorvollen, teils erschütternden, teils nachdenklichen Bildern vor Allem über van Gogh selbst.
Philipp zeichnet auf weißgrundiertem Packpapier mit Bleistift, auch mit der linken Hand oder beiden zugleich, mit Bleistiftbündeln, Bleistiften verschiedenen Grades. Motive aus der Erinnerung oder Abwandlungen von Vorlagen, Fotos, Zeitungsbildern, Skizzen nach der Natur oder Veränderungen nach Bildern anderer Maler. Die Ölbilder behandeln größtenteils Stadtlandschaften in einer Spachteltechnik, in der die Farbe der Ausdrucksträger des Inhaltes ist.
2018: Verleihung des Berufstitels Professor, anlässlich besonderer Verdienste für die Republik Österreich und aufgrund langjähriger Tätigkeit auf dem Gebiet der bildenden Kunst.
Die Feier mit Überreichung der Insignien und Dekrete fand am Mittwoch, 4. Juli 2018 im Herrensaal, des Palais Niederösterreich, Herrengasse 13, 1010 Wien statt.
AUSSTELLUNGEN
EINZEL- UND GRUPPENAUSSTELLUNGEN in der kleinen galerie:
7. Juni bis 5. Juli 2017
Arbeiten auf Papier
15. Juni bis 8. Juli 2016
Moderne Druckgrafik aus Österreich
11. Juni bis 10. Juli 2014
Arbeiten auf Papier
12. Juni bis 13. Juli 2012
Hommage an Dieter Schrage
1. Juni bis 8. Juli 2011
Ein Streifzug durch die Druckgrafik
Max Beckmann, Otto Dix, Thomas Duttenhoefer, Günter Grass, George Grosz, Karl Hofer, Johannes Hüppi, Horst Janssen, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Andreas Noßmann, Max Pechstein, Jürgen Schlotter u.a. (Deutschland); Wolfgang Buchta, Adolf Frohner, Johannes Haider, Christoph Kiefhaber, Alfred Kubin, Henriette Leinfellner, Kurt Philipp, Veronika Steiner, Herwig Zens u.a. (Österreich) – Malerei, Zeichnung, Druckgrafik
26. Mai bis 1. Juli 2010
outliner art
09. Juli bis 14. August 2008
Retrospektive Lebenswerk
MEHR
Dieter Schrage über Kurt Philipp
BILDER DES ABSURDEN
Anmerkungen zu den Arbeiten von Kurt Philipp
Ich hatte Kurt Philipp als Maler stark farbiger, expressiv gespachtelter Städtebilder aus den 70er Jahren in guter Erinnerung. Bevorzugte Gegend Favoriten. Und ich wusste, dass er – was bei seiner Malweise nahe liegend ist – eine besondere Affinität zu Vincent van Gogh hat.
Überrascht über die Breite und auch Dichte seines malerischen und graphischen Spektrums war ich, als mir Kurt Philipp etwa 20 Jahre später einige umfangreiche Photomappen (und auch einige Originale) zu seinem Oeuvre zeigte. Sicher fand ich dabei die für mich typischen Philipp-Bilder wieder, die heftigsten Farb-Getümmel und die Vorstadt-Motive. Darüber hinaus aber auch viel für mich Unbekanntes, Überraschendes. Beispielsweise Philipps facettenreiche Selbstporträts, seine Nähe zur Art Brut und teilweise auch zum Surrealismus. Und dann die zahlreichen Hommagen und Paraphrasen zur Kunst – und Literaturgeschichte. Insgesamt ein äußerst vielfältiges und vor allem viel-(tief-) schichtiges Werk aus den Jahren 1972 bis 1995.
Vorstadt-Expressionen
Mir zunächst vertraut die Stadtrand-Bilder aus Favoriten und Simmering, wie die abstrahierende, mit einem ausdrucksstarken graphischen Strich gearbeitete und Hell-Dunkel-Kontraste kultivierende „Triesterstraße“ (1973) oder der leicht gespenstische „Wasserturm mit Schatten“ (1981)… „E-Werk Simmering“ (1973). Expressiv niedergeschrieben. Kurt Philipps Vorliebe für das Außenseiterische, Vergängliche, Schattenhafte…
„Me and my shadow“
Bei den Schwarz-Weiß-Grafiken zeichnet sich auch schon ein zentrales Thema im Schaffen von Kurt Philipp ab: das Selbstbildnis. Ab 1979 gibt es ganze Serien von „Me and my shadow“. Dieses „Me and my shadow“ dürfte die durchgehende Konstellation aller zeichnerischen und malerischen Selbstdarstellungen bis in die heutigen Tage sein, wobei die Schatten wechseln, von dem frühen „Selbstbildnis mit transplantierter Ratte“ (1974) bis zu den Farb- und Selbstbespiegelungs-Orgien der 90er Jahre. Im Schaffen von Kurt Philipp gibt es viele als Selbstporträts bezeichnete Arbeiten, ich vermute aber, dass fast alle seine „Köpfe und Körper“ Selbstdarstellungen sind.
Hommagen und Paraphrasen
Früh begannen auch die Hommagen und Paraphrasen zur Kunst – und Literaturgeschichte. Allein das Aufzählen einiger Titel gibt einen guten Einblick in das Schaffen des Künstlers: „Selbst als Edgar Allen P.“ (1981), „Nietzsche – wo?“ (1992), „Franz K. mit 41 Jahren“ (1991) ……. Aufschlussreich die Hommage á Louis Soutter“ (1995), dem asylierten Schweizer Künstler; diese Hommage signalisiert Nähe zur Art Brut, dieser ausdruckstarken, eigenwilligen Kunst gesellschaftlicher Außenseiter, ebenso wie die „Hommage á Antonin Artaud“ (1992) eine Nähe zum Surrealismus aufzeigt… Nirgends ist der Maler und Grafiker Kurt Philipp so sehr Kurt Philipp wie bei seinen van Gogh-Arbeiten. Beispielsweise in dem Bild „Auf dem Weg nach Tarascon“ (1989) tritt seine ganze absurde, teils ironische, teils sarkastische Weltsicht deutlichst zu Tage…
Die Tat des Mori
Ein weiteres Schlüsselwerk: „Die Tat des Mori“ (1989). Aufschlussreich für die Kunstauffassung und Bildsprache des Künstlers. Für ihn sind es erzählende Bilder, vergleichbar mit den Darbietungen der Moritatensänger (Aha! Ein Wortspiel der Titel …). Und für Kurt Philipp sind seine Bilder „Teilzeitbilder“. Die Betrachtenden benötigen eine gewisse Zeit, um Teile des Bildes aufzunehmen. Dem Stil der narrativen Lesebilder entsprechend entnimmt Kurt Philipp auch manche Anregungen den Massenmedien, was sich dann in Bildern wie „Nude – Miss World“ (1987) oder „M.M. Unähnlich“ (1991) niederschlägt.
Provisorisches Resümee
Suche ich nach einem Zentrum im Schaffen dieses Künstlers, der ungleich mehr ist als ein Maler der Vorstadt, so zeigt sich deutlich und facettenreich: es sind Bilder – auch in ihrer Machart – der Gefährdung und Absurdität der menschlichen Existenz – die Natur und die Landschaft mit eingeschlossen.