Thomas Nemec
Malerei
Malerei
BIOGRAFIE
Thomas Nemec wurde 1958 in Wien geboren und wanderte mit den Eltern nach Australien aus. Nach dem Abschluss einer Lehre als Koch kehrt Thomas Nemec im Jahr 1963 wieder nach Österreich zurück.
1987 besuchte er die Wiener Kunstschule und lehrte von 1988-94 Lehrtätigkeit an der Internationalen Sommerakademie Salzburg. Des Weiteren war er Gast in der Meisterklasse für Bildhauerei bei Gerda Fassel. Seit 1996 nimmt er eine Lehrtätigkeit an der KVHS, Wiener Kunstschule, wahr.
Thomas Nemec hatte zahlreiche Ausstellungen und Beteiligungen in Österreich, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Mazedonien, Belgien und USA.
Zusätzlich nahm er an verschiedenen Kunstmessen in Wien, Salzburg und Innsbruck teil. Auch international waren seine Werke vertreten, bspw. auf Druckgraphikmessen in Madrid und Paris oder auf Druckgraphikbiennalen in Varna (Bulgarien) und Bitola (Mazedonien).
Thomas Nemec ist seit vielen Jahren sehr eng mit der kleinen galerie verbunden. Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums erscheint eine von ihm speziell für die kleine galerie angefertigte Druckgrafikedition.
AUSSTELLUNGEN
EINZEL- UND GRUPPENAUSSTELLUNGEN in der kleinen galerie:
31. Mai bis 04. Juli 2008
Sechzig plus eins: 61 Jahre kleine galerie
28. April bis 22. Mai 2010
Kleine: KREISE
25. Jänner bis 15. Februar 2017
Hommage an Viktor Matejka
MEHR
Thomas Nemec und die Peinture in Österreich
von Ulrich Gansert
Gesichter und Skelette, Rosen und Krokodile sind die Versatzstücke eines Pandämoniums der Unruhe, der Verlockung und der Bedrohung in den Bildern von Thomas Nemec. Exponierte Frauenkörper, Modelle aus dem Vorrat der Posen der kommerziellen erotischen Animation, Blüten, Lippen, aber im Kontrast dazu auch Totenschädel oder die Fratzenhaftigkeit anderer Körperöffnungen bilden die Zeichen dieser Malerei. Einmal erscheint das Zitat eines Schweinsskelettes und in einem anderen Bild wird diese Ansicht in Parallele zur Haltung eines Frauenkörpers gesetzt. Dazu gesellt sich als persönliches Bekenntnis die Gestalt des großen österreichischen Malers Oskar Kokoschka als unübersehbares Signal für die Beziehung zur österreichischen Tradition der Menschenmalerei als Peinture und Seelenforschung.
In diesem Kontext sind Materialität und Farbigkeit dieser Bilder in ihrer Radikalität und auch Raffinesse zu sehen. Aus dem dominierenden Schwarz der pastigen Farbsubstanz entwickeln sich die Zeichen und Botschaften. Fleischige Rosas und Rots akzentuieren Rosenblüten, Früchte und Lippen. Malen ist hier ein lebendiger Prozess, ein persönliches Abenteuer, in dem es keinerlei Rücksichten auf Zeitgeist oder Publikumsgeschmack gibt.
Thomas Nemec steht allein mit seiner Malerei, besonders heute, wo technoide und konzeptionell abgemagerte Produktionen die Öffentlichkeit der Kunstszene beherrschen.
Für ihn ist Farbe ein Medium der Sinnlichkeit, des radikal persönlichen Ausdrucks und des persönlichen Abenteuers. Dementsprechend handhabt er sie als körperliches Material und optisches Phänomen. In gewissen Bildpartien steht sie als schrundige Paste bis zum Relief, dem Vordringen der Hand zähen Widerstand leistend, in anderen Zonen der Bilder ist sie die Spur heftiger gestischer Aktion, woanders wieder ist sie das Medium einer präzisen Zeichnung und in manchen Bildzonen wird sie flüssig eingesetzt. Diese Variationsbreite der Technik ist die Voraussetzung der inneren Lebendigkeit dieser Malerei.
….Diese künstlerische Arbeit ist von einer rückhaltlosen, permanent die eigene Person riskierenden Radikalität bestimmt. Die Suche nach dem Bild des Lebens bleibt nicht bei Harmlosigkeit und Schönfärberei stehen, sondern dringt mit bohrender Hartnäckigkeit auch zu den dunklen Seiten der menschlichen Existenz vor. Es war die große Leistung von Künstlern und Theoretikern, ein die Wirklichkeit des Lebens verschleierndes und den Einzelnen unterdrückendes positivistisches Bild vom Menschen zerstört zu haben. Heute beherrscht dieses im neunzehnten Jahrhundert nur die Salonkunst bestimmende Bild vom Menschen als Produktwerbung und Entertainment den öffentlichen Raum. Gerade dagegen muss jedoch immer wieder ein Potenzial des Protestes und die Sehnsucht nach der Wahrheit aktiviert werden und Thomas Nemec hat mit seinen Obsessionen zweifellos daran teil. Dem entsprechen auch die äußeren Umstände seiner Existenz. Der Besucher muss durch eines der ältesten Quartiere Wiens zu seinem Atelier vordringen. Ein Camera-obscura-ähnlicher Raum im Erdgeschoß, einst das Lager eines Milchgeschäfts, in einem jener düsteren Wiener Altbauten aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts und nur mit künstlichem Licht beleuchtbar, bietet dem Maler die Konzentration und Abgeschlossenheit für seine Arbeit. Wie drohende abstrakte Zeichen stehen schwarz verschmierte Gefäße und Pinsel bereit und dieses Schwarz ist hier keineswegs das Schwarz der Kleriker, sondern das der Anarchie.
Philipp Maurer über den Künstler:
Thomas Nemec ist Maler, Zeichner und Druckgraphiker, alles mit Leidenschaft und Engagement. […] Die Druckgraphik bietet Thomas Nemec die reizvolle Möglichkeit, seine zeichnerischen und malerischen Qualitäten zu kraftvollem, konzentriertem Ausdruck von Lebensfreude, Aggressivität und Lust zu vereinigen. Seine Kunst wird von vitalem Lebensgefühl getragen. Gesellschaftlich bedingte Befindlichkeiten wie Zorn und Aggression, widerständische Energie und individuell-anarchische Lebensfreude, vermischt mit Erotik und besitzergreifender Lust fließen immer in Nemec‘ Bildwelten ein – auch wenn das auf den ersten Blick nicht immer erkennbar ist. Die gesellschaftsrelevante, politische Aussage lässt sich aus der Formenwelt und der Bildsprache erschließen: Ein herber Grundton bestimmt die klare Formfindung. Der präzise, durchdachte Bildaufbau erzeugt formale Spannung, die sich als Anspannung auf die BetrachterInnen überträgt. Die Nemec’sche Figuration, geschult an Max Beckmann, Georg Eisler und Fritz Martinz, verweist in ihrer Durchdringung des Raumes und in ihrem emotionalen und expressiven Gestus auf die soziale Wirklichkeit. […]
Die Menschen sind »Randerscheinungen«, gestürzt, liegend, dominiert von dunklen, bedrohlichen, fast unentschlüsselbaren schwergewichtigen Formen. Gedanken an Kafkas Romane drängen sich auf. Tiere werden zu Allegorien menschlicher Zustände: Katzen, Hunde, Vögel, Krokodile, Insekten vermitteln existentialistisch zu lesende Zustände. […]